26.11.2024
Erntedank-Monatstreffen der Behindertenarbeit Koßdorf

Dem Wetterbericht nach sollte es bei uns eigentlich am Nachmittag „schön werden“, war es auch, bis die ersten Gäste aus Großkmehlen und Prieschka den Hof betraten. Sie brachten leider die ersten Regentropfen mit. Nach kurzem Überlegen änderten wir den Ablauf des Nachmittags und begannen mit der Andacht. Am Anfang stand die Frage: „Welches ist das bekannteste Erntedanklied?“ Ganz schnell kam die Antwort: „Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land“. Dies war für Kurt das Stichwort, um an längst vergangene Tage und Jahre zu erinnern.

„Als Flüchtlingsbauern suchten meine Eltern nach neuem Grund und Boden. Das fanden sie dann auch in Falkenhagen, heute Märkisch Oderland. Die dortigen Gutsbesitzer und Großbauern wurden enteignet und wir Neubauern bekamen davon je 10 ha zugeteilt. Da die MAS – Maschinen-Ausleih-Station erst später gegründet wurde, hat mein Vater tatsächlich den Roggen, Weizen, Gerste wie Kunstdünger mit der Hand ausgestreut. Für die Öl- und Hülsenfrüchte, die wir auch anbauen mussten, bekamen wir von irgendwoher eine sogenannte Dippelmaschine geliehen. Ein kleiner Blechkasten mit 2 Griffen oben und einem Trichter mit Rad am Ende. Den konnte man je nach Größe der Saatkörner einstellen. Den Lein und die Erbsen musste man per Hand ernten. Das Getreide wurde von meinem Vater mit einer Sense auf Schwad gemäht. Meine Mutter und Schwester rafften dies ab und bündelten es in kleine Garben. Diese wurden dann später auf Puppen zum Trocknen aufgestellt, für uns Kinder zum Versteckspiel ganz geeignet. Wehe, eine Puppe fiel um, dann mussten wir sie selbst wieder aufstellen. Einige Tage später wurde das Getreide auf den Pferdewagen aufgeladen und ans Feldende in Rund- oder Viereckmieten gestapelt. Dort blieb es, bis dann eine Dreschmaschine von Feld zu Feld zog und alles zu Körnern gedroschen werden konnte. Die größere Menge musste als Sollleistung zu einer Sammelstelle gebracht werden. Dann sorgten die Eltern auch dafür, dass einige Säcke Weizen und Roggen zum Bäcker kamen, von dem wir dann unser Brot und Brötchen zugeteilt bekamen. Da wir keine Kuh mit Milch hatten, zweigte Mutter etwas vom Lein und Raps ab und ließ es bei einer Ölmühle zu Öl verarbeiten. So konnten wir unser Brot in Öl tunken und dies war unsere einzige Fettigkeit. Fleisch erzeugten wir ebenfalls mit Federvieh und Kaninchen.“

Diese Informationen machten alle sehr nachdenklich! Jetzt übernahm Silke die Regie und ließ ein vorbereitetes Programm über den großen Fernseher ablaufen. Dort hörten wir bekannte und unbekannte Erntedanklieder und zwei biblische Besinnungen. Besonders beeindruckte uns Pfr. Daniel Geißler, der eine Geschichte von zwei Kastanienbäumen berichtete: Einem Großen, sehr griesgrämigen, unzufriedenen Baum, der nur klagte und jammerte. Mal störte ihn der Regen, der seine Wurzeln nass machte, und die Sonne, die seine schönen Blätter gefährdete, die Bienen und Insekten, die sich über seine feinen Blüten hermachten. Und er hatte um seine Früchte Stacheln wachsen lassen, aber als sie runterfielen, platzten sie auf und die buschigen Wesen stahlen sie ihm vom Waldboden, um sie zu verspeisen und zu verstecken, damit neue Bäumchen hervorkamen, die ihm Wasser und Bodennahrung streitig machten. Er konnte mit seiner Jammerei gar nicht genug klagen. Dann blickte er auf seinen halbwüchsigen Nachbarn und fragte ihn, wofür er danken sollte. Dieser erzählte aus einer anderen Sicht: Er wüsste gar nicht, womit er anfangen sollte, es gibt so viel, wofür er danken könnte. Er freute sich über den Regen, weil dadurch die Wurzeln trinken konnten und die Blätter vom Staub befreit wurden. Er lobte die Sonne, sie wärmte den Stamm und die Blätter, sie ließ die Blüten aufblühen. Diese lockten die Bienen und andere Insekten an, die mit ihrem Summen wie dankbare Lieder klangen. Und dann freute er sich über seine ersten stachligen Früchte. Unten saßen Eichhörnchen, die warteten auf diese Früchte. Er schenkte sie ihnen und sah, wie sie sich über diese Leckereien freuten und in ihre kleinen Vorderfüßchen nahmen. Was sie nicht verspeisen konnten, wurde zum Vorrat für den Winter und ein paar vergessene wurden dann zu neuen Bäumchen. So freut sich der kleine Kastanienbaum über Schwestern und Brüder, die fröhlich im Wind winkten!

Die große Kastanie wurde nachdenklich und sagte zu der Kleinen: Vielleicht habe ich in meinem langen Leben doch mehr geschenkt bekommen, als ich gemerkt habe!

Sind wir nicht oft auch so negativ unterwegs? Klagen mal über zu viel Sonne, zu viel Regen, schimpfen über die bösen Nachbarn und übersehen dabei die vielen großen und kleinen Dinge, die unser Leben so viel positiver machen könnten. Gewiss, auch wir vermissen die Kirschen und Äpfel dieses Jahr von Bedranowskys, aber dafür gab es reichlich Bohnen, Gurken, Tomaten und Kartoffeln. Bei Aldi und Co gab es dennoch alle Früchte in großer Auswahl. Und auch wir konnten immer wieder erleben, wie sich liebe Menschen um uns sorgten, für uns beteten und in schwierigen Situationen halfen.

Nach dieser 45minütigen Besinnung wurden schnell die Tische mit selbstgebackenem Kuchen sowie Kaffee und Kakao gedeckt. So ließen wir uns alles schmecken. Inzwischen hatte sich der Himmel aufgehellt und einige sammelten sich zu einem kleinen Spaziergang. Die Zurückgebliebenen trafen sich zu einer herbstlichen Bastelrunde. So verging auch diese Zeit wie im Fluge und dann holte der ASB auch schon die ersten ab. So nach und nach leerten sich Essenraum und Hof. Was blieb, war eine große Dankbarkeit gegenüber Gott und allen, die sich zu diesem besonderen Fest trafen.

So spricht der Herr: „Solange diese Erde steht, sollen nicht aufhören Saat und Ernte, Sommer und Winter, Tag und Nacht.

Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was ER dir Gutes getan hat!

Ihr/Euer Team der Behindertenarbeit Koßdorf