Über die Kantorei Mühlberg

Die hiesige Kantorei ist hervorgegangen aus der alten Kaland-Bruderschaft, welche sich um 1474 gründete. Sie bestand sowohl aus Geistlichen als auch Laien beiderlei Geschlechts, welche am ersten Tage jeden Monats zusammentraten, um sich über die Wohlfahrt der Kirche und ihre Heiligen zu beraten, durch milde Beiträge für die Vigilien, Seelenmessen und in Armut Gestorbener zu sorgen oder sonst Werke der Barmherzigkeit zu üben.

Allein gar bald arteten die Versammlungen der Bruderschaft in bloße Saufgelage aus, so dass der Orden in Missachtung kam. Bei der Einführung der Reformation wurde die Kaland-Brüderschaft aufgelöst. Das Vermögen des Ordens fiel der Kirche zu. Aus dem Kalandwesen ging 1545 die noch jetzt bestehende sogenannte Kantoreigesellschaft hervor. So ist es wohl denkbar, dass die ehemaligen Mitglieder der Kalandergesellschaften sich den neuen Bedürfnissen anpassten und sich zu einer Gesellschaft zusammenschlossen, deren Aufgabe es war, den Gottesdienst durch ihren Gesang zu verschönen.

Die ältesten Nachrichten über die Mühlberger Kantorei finden sich in den Kämmereirechnungen des Jahres 1564. Hier heißt es, dass der Hofkapellmeister Mateo Lemaitre in Dresden für eine Messe über „Gott ist mein Heil“, eine Motette und einen fünfstimmigen Chor, die er der Kantorei geschickt hatte, 48 Groschen zum Geschenk erhielt.

1616 richteten der Rektor Seyfried und der Kantor Bachheim ein Schreiben an den Rat, in dem sie erwähnten, dass die Kantorei ein kurfürstliches Benefiz von 14 alten Schock erhalten habe. In einer 1652 aufgestellten Ordnung heißt es, dass die Artikel nach „wohlhergebrachter Gewohnheit“ ausgestellt seien. Unter anderem ging es um die Strafen für Mitglieder, die zu spät oder gar nicht zur Probe oder dem Gottesdienst kamen. Obwohl im Statut alles Schimpfen, Lästern und jede Beleidigungen während der Versammlungen verboten war, ist dies doch keineswegs unterblieben.

1657 beschwerte sich der Hospitalverwalter Richter bei der Gesellschaft, dass ein Mitglied ihm vorgeworfen habe, er sei in einem grauen erborgten Mantel vor dem Oberkonsistorium erschienen und ziehe in zerlumpter Kleidung auf. Durch kurf. Befehl 1679 erhielt die Gesellschaft das Recht, jährlich 3 steuerfreie Maß Bier zu vertrinken. Nach einem Schreiben des kurfürstlichen Amts an den Superintendenten in Hayn und den Steuereinnehmer Ußwald hat die Gesellschaft jährlich einige Fass steuerfreies Bier trinken dürfen, welches Vorrecht 1729 erneuert wurde. Da die Zahl der Mitglieder stetig wuchs, kam man im Jahre 1703 überein, einen Nichtsänger nur dann aufzunehmen, wenn eine Stelle durch Todesfall frei werde. 1747 wurden von den Mitgliedern Gesetze vereinbart, welche 1748 vom Ober-Konsistorium zu Dresden Bestätigung erhielten. Der Pfarrer Martha weigerte sich, das in den Bestimmungen festgesetzte Eintrittsgeld zu entrichten. Die Gesellschaft rief deshalb die Entscheidung der kurfürstlichen Kammer an, welche 1748 verordnete, dass er zur Zahlung verpflichtet sei. Die Gesellschaft besaß Mitte des 18. Jh. zinnerne Teller, die wohl zu den jährlichen Mahlen benutzt wurden. Da sich aber für diese Liebhaber fanden, so sah man sich gezwungen, die Teller mit der Inschrift „Kantorei Mühlberg“ versehen zu lassen.

1773 wurde beschlossen, auch Lehrlinge zu den Singstunden zuzulassen und ihnen zur Aufmunterung eine Ergötzlichkeit zu gewähren. Die Gesellschaft besaß damals Mäntel, welche bei Beerdigungen getragen und an Mitglieder verliehen wurden.

1778 schlug der Kantor Herold vor, drei musikalisch befähigte Knaben im Geigenspiel unterrichten zu lassen. Er erbot sich, diesen Unterricht zu übernehmen und forderte für zwei Wochenstunden ein Jahresgeld von 4 Talern, das ihm auch bewilligt wurde. In alter Zeit hatte die Sitte bestanden, dass die Vorsteher die Mitglieder mit einem Mahle bewirteten. Infolge der Not, welche Mühlberg im Siebenjährigen Kriege hatte ausstehen müssen, war aber diese Ausgabe für viele zu groß. Man kam daher 1787 überein, an Stelle des Mahles nur Bier und Tabak zu reichen. Die Zahl der ordentlichen Mitglieder beschränkte man im Jahre 1793 auf 25 Bürger. Neue Mitglieder mussten so lange warten, bis durch Tod oder Fortzug eine Stelle frei wurde. Im Jahre 1831 wurde das Eigentum der Gesellschaft, soweit es nicht mehr verwendet wurde – Mäntel, Trauerflore, zinnerne Tischgeräte – versteigert.

1845 feierte die Kantoreigesellschaft ihr dreihundertjähriges Jubiläum, welches mit einer gemeinschaftlichen Abendmahlzeit und Tanz auf dem hiesigen Schützenhaussaale begangen ward. Während im 2. Weltkrieg die Chorarbeit ruhte, gründete im Jahre 1946 Pfarrer Leuthold den Kirchenchor neu. Die Leitung übernahm in den Jahren 1948 bis 1952 die Kirchenmusikerin Ingeborg Bathge. Weiterführung des Chores durch Fritz Müller von 1952 bis 1955.

1955 übernahm die Chorleitung Gerhard Handschack. Der Chor bestand aus 32 Sängerinnen und Sängern und wurde „Evangelische Kantorei Mühlberg/Elbe“ genannt. Gleichzeitig übernahm Herr Handschack eine Bläsergruppe, aus der der „Posaunenchor Mühlberg/Elbe“ hervorging.

In den 80er Jahren kamen einige schulpflichtige Mädchen in den Chor, so dass die Kantorei aus 30 Sängern bestand. In jedem Jahr wurde eine Sommermusik durchgeführt. Am 3. Advent wurden „Weihnachtslieder im Kerzenschein“ in der Frauenkirche zu Gehör gebracht. Nach 1989 wurden im Schlosshof Serenaden-Abende gestaltet, Konzertaufführungen in der Klosterkirche durchgeführt und die Lager-Gottesdienste in Mühlberg und Neuburxdorf würdig umrahmt.

1995 wurde der Gottesdienst in der Frauenkirche live vom Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) und Radio Bremen übertragen.

1997 erfolgte die Chorleitung durch Frau Ursula Grellmann aus Riesa.

1998 übernahm die Chorleitung Frau Doreen Hoffrichter aus Dresden.

1999/2000 übernahmen die Leitung Herr Matthias Schmidt aus Lobethal und danach Frau Astrid Bölt aus Dresden.

2002: Stefan Jänke aus Großenhain übernimmt die Chorleitung. Mit ihm gelingt es, ab 2003 einen Kinderchor aufzubauen, der teilweise bis zu 25 Mitglieder hat. Zahlreiche Unternehmungen wie Konzertreisen an der Elbe bis Hitzacker, Hamburg, Brunsbüttel (u.a. mit dem bekannten Liedermacher Rolf Zuckowski) und nach Nienhagen bei Celle (Partnerschaft mit dem dortigen Grundschulchor) und große szenische Projekte wie das Weihnachtsmusical „Du Kind in der Krippe“, das Musical „Schöpfung, drum Menschen, lasst das Warten nicht“ oder das Kindertheaterstück „Die Wiesenapotheke“ und nicht zu vergessen ein zweiter Rundfunkgottesdienst prägen diese Zeit, bevor der Kinderchor wieder zusammenschrumpft und 2013 als „Junge Kantorei“ in die Kantorei re-integriert wird. Die selbst – mittlerweile auf fast 40 SängerInnen angewachsen – wird auch mobil: Reisen führen in Mühlbergs Partnerstädte (Nieszawa in Polen und Gutach im Schwarzwald), nach Stoßwihr im Elsass und nach Südschweden. Fortsetzung ist geplant!

Aus dem Programm zum Festkonzert / 470 Jahre Kantorei Mühlberg / 12.2015

Quellen:
Geschichte der Stadt Mühlberg, Alfred Schmidt
Chronik der Stadt und des Closters Mühlberg, Carl Robert Bertram, 1865
40 Jahre Kirchenmusik in Mühlberg/Elbe – Eine Dokumentation – G. Handschack
Kantorei und Posaunenchor, Kreisarchiv Elbe-Elster, Bestand Mühlberg

 

 

Gerhard Handschack – über 40 Jahre im Dienste der Kirchenmusik

Am 31.Oktober vergangenen Jahres verstarb im Alter von 97 Jahren Gerhard Handschack, unser langjähriger Kantor. Mit ihm verlieren wir einen engagierten Kirchenmusiker, der viele Jahre das Gemeindeleben von Mühlberg und Umgebung geprägt hat. Bedingt durch die politische Situation in der damaligen DDR wechselte Gerhard Handschack vom Junglehrer zum Katecheten und Kantor. Er übernahm 1955 die Leitung der Kantorei und des Posaunenchores. Später dann den Langenriether Chor, den er anfangs, als er noch kein Auto hatte, mit der Mühlberger Kleinbahn erreichte. Die Chorleitung in Mühlberg behielt er über das Rentenalter hinaus. Möglich war dies alles im Dienste der Musik, weil seine Frau Christa Handschack ihm stets den Rücken freihielt und ihn tatkräftig unterstützte. Sie war somit die "gute Seele" für alle Chöre.

Ein besonderes Hobby war das Fotografieren, über einen längeren Zeitraum ließ er uns daran teilhaben, indem er wunderschöne Kalender mit Mühlberger Motiven gestaltete. Die waren sehr begehrt und wurden in die ganze Welt versandt.

Legendär und stets ein Höhepunkt für alle waren zahlreiche Feiern und Fahrten mit dem Posaunenchor. Gerhard Handschack bereitete dies immer akribisch und mit viel Freude vor, denn eine weitere Leidenschaft war das Reisen.

Ihm verdanken wir auch unzählige Konzerte, wie das traditionelle Weihnachtskonzert, immer unter dem Titel: "Weihnachtslieder im Kerzenschein". Regelmäßig auch Sommerkonzerte, später dann Serenadenabende. Ebenfalls ein Höhepunkt in seinem umfangreichen Schaffen war 1995 der Radiogottesdienst, live übertragen vom MDR.

Gerhard Handschack prägte mit seinem umfangreichen Wirken unsere Chöre und wir werden ihn in dankbarer Erinnerung behalten.

Kantorei und Posaunenchor Mühlberg